dieBasis nahm an der Plenarsitzung der Hamburgischen Bürgerschaft am 2. Juli 2025 teil

dieBasis hat die erste Sitzung der Hamburgischen Bürgerschaft im Juli beobachtet. Wir beobachten das parlamentarische Geschehen aus der Sicht mündiger und kritischer Bürgerinnen und Bürger. Dabei berichten wir über Gesetzesvorhaben und parlamentarische Abläufe, die wir für besonders bemerkenswert oder diskussionswürdig halten.
Was fiel auf?
Es entstand der Eindruck, dass es gar nicht um eine sachliche Auseinandersetzung geht, sondern nur um die eigene Außendarstellung. Dazu muss man den jeweiligen „politischen Gegner“ angreifen und das meist nur mit ziemlich allgemeinen Aussagen. Ein Sprecher sprach von einem „glorreichen Theater“. Auch vor persönlichen Angriffen wurde nicht zurückgeschreckt.
Ein Abgeordneter, Polizist mit Migrationshintergrund, wirkte glaubwürdig und authentisch. Allerdings zerstörte er den positiven Eindruck, als er eine Zwischenfrage nicht zuließ. Das ist an sich nicht ungewöhnlich und sein gutes Recht. Allerdings war sein Satz entlarvend: „von der AfD brauche ich keine“. Hätte er also von jedem anderen Abgeordneten eine Zwischenfrage zugelassen??
Die Redner der Hamburgischen Bürgerschaft „genderten“ fröhlich vor sich hin. Das macht dem Folgen des Vortrags an manchen Stellen außerordentlich schwierig.
Wie sicher sind Hamburgs Straßen?
Die Sitzung begann mit der Aktuellen Stunde zum Thema:
„Hamburg auf dem Weg zum gescheiterten Staat: Gewalt im Stadtpark, Ehrenmord im Phoenix-Viertel, regelmäßige Schießereien und Islamisierungsdruck an den Schulen“
Es wurden wieder die üblichen Standpunkte aus den jeweiligen politischen Lagern vorgetragen. Von den regierenden Parteien wurde berichtet, dass Polizei, Gerichte und Strafverfolgungsbehörden konsequent gegen die Kriminalität vorgehen. Man fragt sich, wie das möglich ist. In der letzten Plenarsitzung wurde dargelegt, dass 40 Staatsanwaltsposten in der Hansestadt Hamburg unbesetzt sind und deshalb Straftaten verjähren. In Hamburg gibt es 210 Staatsanwälte, woraus sich ableiten lässt, dass 40 unbesetzte Stellen zu einem juristischen Vollzugsdefizit führen dürfte.
Der Innen- und Sportsenator Grote verkündete stolz, dass die Videoüberwachung in Hamburg massiv ausgebaut wurde und Hamburg insoweit führend ist. Wie selbstverständlich wurde das mit Begriffen wie „wehrhafter Rechtsstaat“ und „Kernauftrag Sicherheit“ verbunden. Es wurde kein Wort darüber verloren, wie sichergestellt ist, dass der Beobachtungsapparat nicht auch zur allgemeinen Überwachung der Bevölkerung eingesetzt werden kann.
Der Paukenschlag: Änderung der Hamburgischen Verfassung
Nachdem im Bund die Schuldenbremse unter parlamentarisch fragwürdigen Umständen aus den Angeln gehoben wurde, zieht Hamburg jetzt nach. Dazu sind Änderung des Artikel 72 Absatz 1 der Hamburgischen Verfassung sowie der Haushaltsordnung erforderlich.
Verfassungsänderungen bedürfen nach Artikel 51 Absatz 2 der Hamburgischen Verfassung der Zustimmung von zwei Dritteln der anwesenden Abgeordneten, wobei mindestens drei Viertel der gesetzlichen Mitglieder der Hamburgischen Bürgerschaft anwesend sein müssen. Notwendig sind dabei zwei übereinstimmende Beschlüsse, zwischen denen mindestens 13 Tage liegen müssen.
Die Hamburgische Bürgerschaft hat am 2. Juli 2025 die Verfassungsänderung durch Gesetz beschlossen, und es wurde vereinbart, den zweiten Beschluss in der nächsten Bürgerschaftssitzung zu fassen.
Was bedeutet das für die Hansestadt Hamburg?
Hamburg kann sich nunmehr in jedem Jahr um einen Betrag von mehr als 400 Mio. Euro neu verschulden. Die Neuregelung ist nicht an Not- oder Krisensituationen gebunden.
Zur Begründung wurde angeführt, dass man nur investive Maßnahmen aus den Zusatzmitteln bestreiten will. Laufende Aufwendungen sollen daraus nicht getätigt werden. Die Investitionen sollen in folgenden Bereichen erfolgen:
Bildung – Infrastruktur – Klimaschutz – Digitalisierung
Es gibt verschiedene Aspekte, die zu beleuchten sind.
- In Zeiten steigender Zinsen werden zunehmende Finanzierungsaufwendungen den Haushalt belasten. Ein ausgeglichener Haushalt lässt sich nur erreichen, wenn die Investitionen zumindest langfristig zu entsprechenden Erträgen für die Hansestadt führen werden. Andernfalls wird dadurch nur die Generation unserer Kinder und Enkel finanziell belastet.
- Ein möglicher Risikofaktor einer wachsenden Staatsverschuldung liegt in ihrem potenziellen Einfluss auf das Zinsniveau: Steigt die staatliche Kreditaufnahme erheblich, kann dies – insbesondere bei begrenztem Kapitalangebot – zu einem Anstieg der Marktzinsen führen. Höhere Zinsen verteuern die Fremdfinanzierung auch für kleine und mittlere Unternehmen und können dadurch private Investitionen bremsen. Das birgt die Gefahr, dass wirtschaftliches Wachstum gehemmt wird.
Entlarvend war die Äußerung, dass eine Olympiabewerbung ohne eine solche Maßnahme wenig glaubhaft sei. Damit stellt sich die Frage, ob eine Ausrichtung Olympischer Spiele tatsächlich zu entsprechenden Gewinnen für die Hansestadt führen werde.
Wir werden in der Zukunft die Entwicklung beobachten.
Medienstaatsverträge und kein Ende?
Schon allein der Auszug aus dem entsprechenden Tagesordnungspunkt lässt darauf schließen, dass der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk (ÖRR) offensichtlich einer grundlegenden Reform bedarf. Wieso müssen ansonsten gleich zwei Staatsverträge beraten werden?
Sechster Staatsvertrag zur Änderung medienrechtlicher Staatsverträge (Sechster Medienänderungsstaatsvertrag) und Siebter Staatsvertrag zur Änderung medienrechtlicher Staatsverträge – Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (Reformstaatsvertrag)
Der Debatte war zu entnehmen, dass der Achte Staatsvertrag bereits in Abstimmung ist.
In Zeiten steigender Skepsis an einer ausgewogenen und unabhängigen Berichterstattung des ÖRR, eines starken Anstiegs von Programmbeschwerden, einer zunehmenden Rundfunkbeitragsverweigerung und damit einhergehenden Gerichtsverfahren wirkte die Parlamentsdebatte einseitig; an einigen Stellen fast polemisch.
Sprecher der Bestandsparteien sprachen von „Feinden des ÖRR“ und von seiner „Bedrohung“. Der ÖRR sei die „Säule einer pluralen Demokratie“ und lasse einen „freien demokratischen Diskurs“ zu. Daneben wurde auch die „Deutungshoheit“ des ÖRR beschworen. Man hatte den Eindruck, der ÖRR müsse vor mächtigen Feinden geschützt werden, um die Deutungshoheit der politischen Elite zu erhalten.
Wer eine kritische Sicht auf den ÖRR haben möchte, kann sich auf der Website des „Leuchtturm ARD“ informieren.
Weitere Informationen zur Hamburgischen Bürgerschaft
Die übrigen Themen der Sitzung können dem offiziellen Protokoll entnommen werden:
Protokolle der Bürgerschaftssitzungen – Hamburgische Bürgerschaft
Wie die Hamburgische Bürgerschaft arbeitet, finden sie hier.
Die nächste Plenarsitzung findet am 16. Juli 2025 statt.
dieBasis wird erneut berichten.
Bleiben Sie informiert – besuchen Sie unsere Website für weitere Analysen zur Hamburger Landespolitik.
Autor: Peter Scheller
Zum Thema „Wie sicher sind Hamburgs Straßen“?:
Die Grünphasen der Fußgängerampeln am Mühlenkamp sind zu kurz. Ich gehe definitiv nicht langsam, aber wenn die wieder rot wird fehlen mir noch 5 Schritte, bis ich herüber bin. Eine alte Frau hat da keine Chance. Hinzu kommt gefährdend, dass nicht selten an der Ampel vom Poelchaukamp rechts in den Mühlenkamp bei rot abgebogen wird. Dieser Missstand besteht seit Jahren, aber es ändert sich nichts.
Vielen Dank für den Link zu Leuchtturm ARD.
Wenn unser aller wichtige Arbeit in der bürgerlichen Opposition Früchte tragen soll, brauchen wir Konzepte für die Bündelung unserer Kräfte. Daran arbeiten wir und suchen auch die Zusammenarbeit mit der BASIS. Jeder Aktive kann sich gerne bei uns melden.
Die Diskussion über die Reformstaatsverträge findet in jedem Landtag in gleicher Weise statt: Der ÖRR wird falsch eingeschätzt, seine Kritiker werden ebenfalls falsch eingeschätzt.
Es gibt hier nur eine Lösung: Beide Seiten, bzw. mehrere Seiten müssen miteinander DIREKT reden, um alle Dazuzulernen.
Die Bereitschaft zu diesem Diskurs zu erhöhen, ist unserer zentrale Aufgabe!
Sonst drehen wir uns weiter im Kreis, weil wir gar nicht voneinander wissen, was das wirkliche Problem ist…