Neues aus der Hamburgischen Bürgerschaft

Plenarsitzung am 12. November 2025

dieBasis hat die erste Sitzung der Hamburgischen Bürgerschaft im November beobachtet. Wir schauen auf das parlamentarische Geschehen aus der Sicht mündiger und kritischer Bürgerinnen und Bürger – und berichten über Vorlagen und Abläufe, die besonders bemerkenswert oder diskussionswürdig erscheinen.

Was auffiel

Diesmal war nichts besonders Auffälliges dabei, was man nicht auch in jeder Bürgerschaftssitzung beobachten kann. Es wurde wieder strikt in Fraktionsstärke und -einheit abgestimmt, und es bleibt die Frage, ob das von der Hamburgischen Verfassung geforderte Gewissen jedes Abgeordneten an der Eingangstür abgegeben wurde.

Erwähnenswert ist auch, dass der Erste Bürgermeister zum wiederholten Mal nicht anwesend war. Er wird Besseres zu tun haben, als Fragen, die in der Aktuellen Stunde an ihn gerichtet wurden, zu beantworten.

Und es fiel zum wiederholten Mal ein Satz von Rednern der Regierungskoalition, der immer dann gebraucht wird, wenn in der Hansestadt offensichtlich Dinge aus dem Ruder gelaufen sind. Dazu zählen unter anderem finanziell und terminlich missratene Bauprojekte der Stadt, Probleme im gesamten Justizsektor, fehlendes oder inkorrektes Handeln von Behörden und einiges mehr. In den Debatten zu diesen Themen kommt fast gebetsmühlenartig immer wieder der Satz:

„Wir haben das auf den Weg gebracht.“

Welche schwache Aussage, die ohne Weiteres als Eingeständnis eigenen Scheiterns und eigener Unfähigkeit erkannt werden kann. Konsequenzen müssen unsere Politiker aber nicht fürchten.

Verfolgung politischen Terrors – mit einem blinden Fleck?

Das erste und einzige Thema der Aktuellen Stunde war: „Linker Terror gegen Politiker – bedrückendes Schweigen von Senat und Bürgerschaftspräsidium!“

Die Debatte war emotional aufgeladen, wie es nicht anders zu erwarten war. Auf deren Inhalt muss nicht weiter eingegangen werden, weil man die einzelnen Argumente jederzeit den allgemeinen Medien entnehmen kann.

Ausgangspunkt war der Brandanschlag auf den AfD-Bundestagsabgeordneten Bernd Baumann in Hamburg. In der Folge wurde dann gestritten, welche Parteiangehörigen dieser Gewalt am meisten ausgesetzt seien. Interessant war, dass rechtsextreme Gewalt von allen Rednern außer denen der AfD als schwer demokratiegefährdend angesehen wurde, während linksextreme Gewalt nicht ernsthaft problematisiert wurde.

Dass linksextreme Gewalt kein Randphänomen ist, zeigen offizielle Sicherheitsberichte. Der Verfassungsschutzbericht 2024 weist ein linksextremistisches Personenpotenzial von rund 38.000 Personen aus, darunter unverändert etwa 11.200 gewaltorientierte Linksextremisten. Die Zahl der linksextremistisch motivierten Straftaten ist 2024 um knapp 38 % auf 5.857 Delikte gestiegen.

Der Eindruck, dass Vertreter der sogenannten Altparteien hier einen ideologisch motivierten „blinden Fleck“ in der eigenen Wahrnehmung haben, ist kaum zu entkräften. Man kann auch vermuten, dass dies bei vielen politischen Akteuren Kalkül und nicht einfach nur ein Ignorieren von Tatsachen ist.

Verstärkt wird der Eindruck dadurch, dass Politiker der Altparteien sich öffentlich hierzu nicht oder nur verhalten geäußert haben. Am 4. November 2025 erschien im Hamburger Abendblatt ein Kommentar unter dem Titel „Gewalt gegen die AfD: das bedrückende Schweigen der Demokraten“.

Sprachlos ließ einen der Beitrag eines Redners zurück, in dem die AfD mit den Taliban in Zielsetzung und Methodik gleichgesetzt wurde. Man wartet auf die Zeit, in der AfD-Aktivisten auf Militärfahrzeugen mit montierten Maschinengewehren durch die Straßen unserer Städte fahren und für Ordnung sorgen.

Quelle:

Bundesamt für Verfassungsschutz, Verfassungsschutzbericht 2024 und Online-Daten „Zahlen und Fakten: Linksextremismus“ – Bundesamt für Verfassungsschutz – Publikationen – Verfassungsschutzbericht 2024?

Kommentar im Hamburger Abendblatt vom 4. November 2025 – Gewalt gegen die AfD: das bedrückende Schweigen der Demokraten

Hightech in Hamburg – ein verzweifelter Versuch?

Der Titel des Tagesordnungspunkts 79 hieß: „Hightech Agenda Deutschland – 18-Milliarden Euro-Chance“

Die Hightech Agenda Deutschland (HTAD) ist die neue, ressortübergreifende Forschungs-, Technologie- und Innovationsstrategie der Bundesregierung. Sie wurde am 30. Juli 2025 vom Bundeskabinett beschlossen, um Wettbewerbsfähigkeit, Wertschöpfung und technologische Souveränität zu stärken. Kern ist die Fokussierung staatlicher Maßnahmen und Investitionen auf klar benannte Zukunftsfelder sowie eine schnellere Übersetzung von Forschung in marktfähige Anwendungen.

Im Mittelpunkt stehen sechs Schlüsseltechnologien: Künstliche Intelligenz, Quantentechnologien, Mikroelektronik, Biotechnologie, Fusion & klimaneutrale Energieerzeugung und Technologien für klimaneutrale Mobilität. Ergänzend adressiert die HTAD fünf strategische Forschungsfelder: Luft- und Raumfahrt, Gesundheitsforschung, Sicherheits- und Verteidigungsforschung, Meeres-/Klima-/Nachhaltigkeitsforschung sowie Geistes- und Sozialwissenschaften.

Es stellt sich die Frage, ob dies nicht ein verzweifelter Versuch ist, den absehbaren nachteiligen wirtschaftlichen Folgen des Hamburgischen Klimaschutzgesetzes abzumildern.

Wichtig ist auch, dass die Sicherheits- und Verteidigungsforschung ein explizit genanntes strategisches Forschungsfeld ist. Dies wurde von Rednern fast aller vertretenen Parteien auch so bestätigt.

Quelle:

Hightech Agenda Deutschland – Hightech Agenda Deutschland beschlossen I Bundesregierung

Beamte in Hamburgs Ämtern überfordert?

Es ging in Tagesordnungspunkt 82 um „Verwaltungshandeln in Hamburg: Barrieren abbauen, Teilhabe sichern“.

Vorgetragen wurde, dass sich hilfesuchende Hamburger in den Behörden mit Folgendem konfrontiert sehen: Bürger werden falsch beraten, Unterlagen gehen verloren, Terminvergaben für Beratungsgespräche werden ignoriert, und manchmal wird von respektlosem Verhalten von Beamten gegenüber hilfesuchenden Bürgern berichtet.

Die Redner der Regierungsfraktionen gaben zu, dass es dort Probleme gebe. Sie verteidigten dies mit Finanz- und Personalmangel in den Ämtern. Der Überweisungsantrag in den zuständigen Ausschuss wurde von einer der Oppositionsparteien gestellt. Damit war von vornherein klar, dass der Überweisungsantrag mit den Stimmen der Regierungskoalition abgelehnt wurde.

Ausbau von Städtepartnerschaften

In Tagesordnungspunkt 80 ging es um „EU-Förderung über Städtepartnerschaften stärken!“

Vor- und Nachteile wurden erörtert. Entscheidend war aber der Einwand eines Abgeordneten: Nach dem 2. Weltkrieg dienten Städtepartnerschaften der Friedensförderung. Heute werden sie als Mittel des Einwerbens von EU-Fördermitteln gesehen.

Weitere Hinweise zur Hamburgischen Bürgerschaft

Die übrigen Themen der Sitzung können dem offiziellen Protokoll entnommen werden:

Protokolle der Bürgerschaftssitzungen – Hamburgische Bürgerschaft: Protokolle der Bürgerschaftssitzungen – Hamburgische Bürgerschaft

Wie die Bürgerschaft arbeitet: Die Hamburgische Bürgerschaft bei der Arbeit beobachten: https://diebasis-hamburg.de/2025/06/die-hamburgische-buergerschaft-bei-der-arbeit-beobachten/

Die nächste Plenarsitzung findet am 26. November 2025 statt.

dieBasis wird erneut vor Ort berichten.

Bleiben Sie informiert – besuchen Sie unsere Website für weitere Analysen zur Hamburger Landespolitik.

Autor: Peter Scheller

7 Kommentare

  1. Es ist nicht so, dass linksextreme Gewalt überhaupt nicht erwähnt wurde. Es gab aber von allen Vertretern der Bestandsparteien nur lahme Äußerungen der Art: „Wir verurteilen jede Form der politischen Gewalt“, nur um dann wieder das Gespenst des heraufziehenden Rechtsextremismus in dunkelsten Farben an die Wand zu mahlen. Man hat den Eindruck: Verharmlosung auf einer Seite und Panikmache auf der anderen.

    Keinem Vertreter der Altparteien scheint in den Sinn zu kommen, dass gerade sie und ihre Politik dafür verantwortlich sind, dass ein Rechtsruck in der Politik (übrigens nicht nur in Deutschland) erst möglich wurde.

    Sie machen aber weiter nach bewährtem Muster ohne sich an irgendeiner Stelle selbst zu hinterfragen.

  2. Ein Altparteienkartell klammert sich unter Führung eines fragwürdigen ersten Bürgermeisters konsequent und vermehrt auch mit bizarren Aktionen an die Macht. Glauben sie, dass sie damit noch lange gegen den Bürgerwillen durch kommen? Es wird Zeit für wirkliche Demokratie.

  3. Ich stelle die Behauptung auf, dass linksextreme Gewalt“ wohlwollend toleriert wird“, zumindest im Parlament. Ich gehe allerdings davon aus dass die Polizei gewissenhaft ermittelt. Ich hatte in den letzten Jahren ein paar Gespräche mit Beamten vom Winterhuder PK33 und jedenfalls nicht das Gefühl dass dort „linksphil“ gedacht und gehandelt wird.
    Vielleicht werden wir ja irgendwann mal gewahr wie Antifa und Linksextremismus gesteuert werden. Von der Hamburger Morgenpost ist diesbezüglich wohl keine Unterstützung zu erwarten, – derartige Artikel würde ich dann eher in der Süddeutschen oder beim Rheinischen Merkur vermuten, sowie bei NIUS.

  4. Ein informativer und mutiger Bericht über die jüngste Bürgerschaftssitzung! Besonders die Forderung nach klarer Anerkennung des Linksextremismus als Bedrohung für unsere Demokratie teile ich voll und ganz – der Verfassungsschutzbericht mit seinen alarmierenden Zahlen zu Straftaten und Gewaltbereitschaft mahnt uns, alle Extremismen gleich ernst zu nehmen. Ebenso erfrischend die Kritik an bürokratischen Missständen in den Behörden und die Debatte zur Hightech-Agenda, die Hamburgs Innovationskraft stärken könnte, ohne den Klimaschutz zu vernachlässigen. Weiter so, dieBasis – für mehr Transparenz und echten Wandel!

  5. Hallo Peter, vielen Dank für deinen Bericht aus der Bürgerschaft. Sehr interessant und aufschlussreich 👍

  6. Die Zahlen kann man dem Verfassungsschutzbericht auf den Seiten 34 ff. und 142 entnehmen.

  7. Die Zahl der linksextremistisch motivierten Straftaten ist 2024 um knapp 38 % auf 5.857 Delikte gestiegen. – Zig andere Infos die hier genannt werden auch nicht.

    Seltsam, dies habe ich auf NDR irgendwie nicht gehört oder verpasst.
    Das ist bestimmt mein Fehler und keinesfalls eventuell manipulativ agierendem #Weglassjournalismus geschuldet.

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