Anstatt mit Schulkindern ein Gesetz zu feiern, das die allermeisten nie gelesen haben, noch viel weniger kennen und manche nicht akzeptieren und wohl auch nicht verstehen wollen oder können, wäre das 75jährige Jubiläum unseres Grundgesetzes ein Anlass auch für einige kritische Reflektionen gewesen. Da die staatlichen Medien und Organe darauf verzichtet haben, soll das hier nachgeholt werden.
Worüber Bundespräsident Herr Steinmeier nicht sprach in seiner brillant getexteten, ausgewogenen und dennoch so unreflektierten Rede: Wie sind wir während der Corona-Pandemie mit denen umgegangen, die sich nicht impfen lassen wollten? Wie viel unserer demokratischen Selbstkontrolle haben wir an einen undurchsichtigen Mechanismus namens EU-Parlament abgegeben, dessen Arbeitsweise wir weder kennen noch verstehen; abgesehen von den bekannten Bestechungs- und Lobby-Vorwürfen? Wie viele Einschränkungen des Grundgesetzes haben wir über uns ergehen lassen müssen, aus welchen Gründen auch immer? Ist der gut dokumentierte Bruch der Maastricht-Verträge durch die Europäische Zentralbank (EZB) irgendwie zu rechtfertigen? Was haben wir getan, um die Würde des Menschen zu schützen? Müsste es nicht heißen “Die Würde des Menschen sei unantastbar?“ Denn de facto wird sie ja ständig verletzt, gelegentlich flankiert durch einen mitunter hemmungslos operierenden Justizapparat. Man denke nur daran, wie Maßnahmenkritiker abgeurteilt wurden: oft für Handlungen, die sich zwei Jahre später als vernünftig herausstellten.
Die Antwort offenbart, was gute Propaganda ausmacht: Sie gibt sich und ihr Ziel nicht zu erkennen, verschweigt alle Probleme ihrer Perspektive und fordert den Leser zum angeblich verdienten Feiern statt zum Nachdenken auf.
In dem 75jährigen Bestehen des Grundgesetzes gab es immer wieder Zeiten, in denen es herausgefordert wurde. Der Politiker Hermann Höcherl, Mitglied der CSU, sprach als Bundesinnenminister 1963 den bemerkenswerten Satz: „Die Beamten können nicht den ganzen Tag mit dem Grundgesetz unter dem Arm herumlaufen.“ Hermann Höcherl – Wikiquote
Nun wird bei den seit Jahren im Bundestag sitzenden Parteien niemand mehr behaupten wollen, dass sie das Grundgesetz in seinem Kern nicht akzeptieren und staatsgefährdende Positionen vertreten. Auch wenn es nach 1945 eine lange Liste von NSDAP-Mitgliedern gab, die bei der CDU und CSU steile Karriere gemacht haben, wie folgende Liste anschaulich illustriert:de.wikipedia.org
Das Ganze ist deshalb bedeutsam, weil der Partei „dieBasis“ in Wikipedia schon gleich im ersten Absatz eine Nähe zur gefährlichen und das Grundgesetz gefährdende Position unterstellt wird. Dies geschieht durch den Hinweis darauf, dass ehemalige Mitglieder der AfD nun bei der Basis Mitglieder waren oder sind und dort Funktionen innehatten oder haben. Das zeichnet gute Propaganda aus: sie wählt die Fakten aus und gibt mit der Wahl des Themas einen Rahmen vor, der Rest ergibt sich von allein. In der Psychologie nennt man das Framing: Es wird (am Anfang des Textes oder Films oder Beitrags) ein Rahmen geschaffen, innerhalb dessen der Rest wahrgenommen und eingeordnet wird. Einen ähnlichen Effekt würde man erreichen, wenn man am Anfang der Darstellung der CDU schreiben würde, wichtige Funktionsträger wie Herr Dregger waren im tausendjährigen Reich Mitglieder der NSDAP. Im letzteren Fall erscheint die Intention sofort klar, im ersteren müssen wir uns beklagen. Um es mit Goethe zu sagen: Man erkennt die Absicht und ist verstimmt. Eine faire Reflektion des Grundgesetzes hätte offenbart, dass die seit Jahrzehnten regierenden Parteien sehr effektive Mechanismen geschaffen haben, die Konkurrenz möglichst klein zu halten. Da ist es nur konsequent, dass der erste Kanzler, welcher das Grundgesetz eingeführt hat, in der besagten Rede von Herrn Steinmeier komplett verschwiegen wird: Konrad Adenauer kommt in seiner Rede nicht vor. Dafür ein unbelegtes Geraune, dass niemand erwartet hätte, dass unser Grundgesetz so lange Bestand haben würde: Was soll das eigentlich aussagen? Können wir in anderen Fällen in die Zukunft sehen? Oder ist es schlicht die Tatsache, dass die Zukunft unvorhersehbar ist? Nebenbei: die Weimarer Verfassung hielt zwar theoretisch nur 14 Jahre, wurde aber nie außer Kraft gesetzt.
Propaganda, Reklame, Werbung: sie ist nicht einfach zu durchschauen und noch schwerer erfolgreich zu gestalten.
Laut dem Grundgesetz geht alle Macht vom Volke aus. Allerdings gibt das Volk dieselbe mit der Wahl für die Dauer der nächsten vier Jahre aus den Händen; nachzulesen in Artikel 20 Absatz 2 GG. Manche Institutionen haben es allerdings geschafft, sich durch die Verfahrensregeln von der Idee der Demokratie und der Entscheidung durch das Volk zu entfernen. Die aktuelle Vorsitzende der EU-Kommission kann erst dann durch ein EU-Parlament wieder gewählt werden, nachdem sie von einer deutschen Bundesregierung vorgeschlagen wurde. Das öffnet geheimen Absprachen der etablierten Parteien Tür und Tor. Die EZB kann nicht abgewählt werden, obwohl sie offensichtlich die ursprünglichen vertraglichen Regelungen nicht einhält. Das war seinerzeit der Anlass zur Gründung der AfD durch eine Gruppe von Volkswirtschafts-Professoren, und erst nach der faktischen Übernahme durch rechtskonservative bis rechtsextreme Kreise geriet dieses Gründungsthema aus der Diskussion, was in der Tat zu beklagen ist. EZB und die Wahl des EU-Kommissions-Vorsitzenden sind gute Beispiele dafür, wie wenig Macht vom Volke tatsächlich ausgeht und wie auf demokratisch höchst zweifelhafte Weise viel Macht in undurchsichtige Verfahren und Strukturen verlagert wurde.
Ein anderes schönes Thema ist die Verpflichtung des Grundgesetzes an Amtsträger, den Interessen des deutschen Volkes zu dienen. Wenn unsere Außenministerin sagt, sie wolle feministische Außenpolitik betreiben (mal jenseits der Frage, was das eigentlich sein soll), so wäre das nur dann kein Konflikt mit dem Grundgesetz, wenn Feminismus interessenlos wäre oder wenn das Wohl des deutschen Volkes deckungsgleich wäre mit den Interessen des Feminismus. Das Volk hat das offensichtlich anders gesehen, weshalb die Grünen fast die Hälfte ihrer Wähler verloren haben; gleichwohl muss man festhalten, dass unser aktueller Wirtschaftsminister wohl auch seinen Beitrag zu diesem Ergebnis geliefert hat. Kompetenz lässt sich eben nicht durch Ideologie ersetzen und die Physik hat eben recht, auch wenn es nicht in die Ideologie passt. Aus dem Volk der Dichter und Denker ist ein Volk von Wortverdrehern und Träumern geworden und am Ende bleiben die Fakten, auch wenn diese nicht in die Kinderbuch-Träumereien passen. Die Reduktion unseres CO2-Ausstosses als Erfolg verkaufen zu wollen, obwohl es einer Reduktion des Wirtschaftswachstums und dem Einkauf des Stroms in Frankreich (Atomstrom) und Tschechien (Braunkohlestrom) geschuldet war, war dann vielleicht doch eine Spur zu dreist. In jeder Auseinandersetzung stirbt die Wahrheit zuerst? Dann wäre es an der Zeit, die Voraussetzungen für eine funktionierende Demokratie zu stärken, in dem die öffentlich-rechtlichen Medien weniger interessengeleitete Informations-Auswahl betreibt und mehr zu ihrem ebenfalls im Grundgesetz festgelegten Auftrag zurückkehrt. Eine unüberschaubare Anzahl von Sendungen und Beiträgen der öffentlich-rechtlichen Sender betreibt linkslastige und grüne Erziehungspolitik anstatt einer unabhängigen und ausgewogenen Darstellung unterschiedlicher Perspektiven.
Ein weiterer Artikel aus dem Grundgesetz wäre es wert gewesen, ihn zu reflektieren und zur Diskussion zu stellen: Artikel 14 fordert, dass Eigentum verpflichtet und seine Nutzung auch immer dem Gemeinwohl dienen soll. Statt diesen Artikel zu würdigen oder gar ernst zu nehmen, sehen die Regierenden seit 40 Jahren (!!) im Ergebnis tatenlos zu, wie große meistens internationale Konzerne ihre Eigentumsverhältnisse so gestalten, dass sie die Steuern auf den Unternehmensgewinn nicht in dem Land versteuern, in dem sie de facto erzielt werden, sondern auf den Niederländischen Antillen, in Luxemburg oder Irland. Das ist nicht Gebrauch, der auch dem Gemeinwohl dient, sondern Missbrauch von Eigentumsrechten bei gleichzeitiger Ausnutzung der Infrastruktur des ausgenutzten Landes. Die großen, ausländischen Konzerne wie Apple, Amazon, Signa und Ferrero zahlen in Deutschland keine Ergebnissteuern, nutzen Straßen und alle Sozialsysteme (inklusive vermutlich Insolvenzgeld, Kurzarbeitergeld, Subventionen) und maximieren den Profit der Eigentümer auf Kosten des Allgemeinwohls. Trotz aller Versprechen und Zusagen ehemaliger Finanzminister und Kanzler: geändert hat sich nichts. Das Problem ist seit den 50er Jahren bekannt und immer wieder haben liberale Politiker von John F. Kennedy bis Willy Brandt versucht, die Macht der Konzerne zu begrenzen. Leider ohne Erfolg: heute sind die Oligopole mächtiger als je zuvor und in vielen Branchen muss man von engen Oligopolen sprechen, die dauerhaft große Gewinne zu Lasten der Verbraucher und Steuerzahler erzielen: das sind dann die Aktien, die Warren Buffet empfiehlt.
Daraus könnte man die Schlussfolgerung ziehen, dass das Grundgesetz immer dann umgesetzt wird, wenn es den Oligopolen, ihren mächtigen Vertretern und der davon profitierenden wirtschaftlichen und politischen Elite hilft und eben nicht, wenn es der Allgemeinheit und dem Volk dienen soll, was ja die eigentliche und ursprüngliche Intention unser Gründerväter gewesen ist. Deshalb ist es auch besser, wenn man dieselben samt Intention verschweigt. Die Wahl-Bevölkerung mag vielleicht nicht alle Einzelheiten verstehen, hat aber das berechtigte Gefühl, betrogen zu werden. Logische Reaktion: Man wählt die, die sich dem System nicht unterwerfen, sondern es abschaffen wollen. Diese Situation wird durch Reden a la Steinmeier nur schlimmer, denn diese Rede leistet einen weiteren Beitrag zur Verschleierung der wahren Situation, der sich anhäufenden Probleme und deren politisch verschuldete, um nicht zu sagen gewollte Ursachen. Man denke nur an den schönen Satz von Herrn Habeck, der mit dem Gebäude-Energie-Gesetz testen wollte, wie weit man gehen könnte mit der Belastung des normalen Bürgers. Kurz: Der Erfolg von AfD und BSW ist das Ergebnis zu vieler Reden a la Steinmeier.
Autor: Heinrich Wolerts
Ein Kommentar wirft die Frage auf ob Deutschland ein freier und vollumfänglich souveräner Staat sei.
Der zwischenzeitlich verstorbene ehmalige Bundestagspräsident und Bundesfinanzminister soll
2011 auf dem European Banking Congress vor 300 Gästen aus der Bankwirtschaft gesagt haben:
„„Und wir in Deutschland sind seit dem 8. Mai 1945 zu keinem Zeitpunkt mehr voll souverän gewesen.“
Das ist doch mal eine Hausnummer.
Fassadendemokratie BRD!
Am 9. Mai 2020 war ich auf der Demo vor dem Hamburger Rathaus und hielt in der Hand mein Grundgesetz. Ein Polizist forderte mich auf, dasselbe wegzustecken, weil es ein „Demonstrationszeichen“ wäre. Ich sagte „aber drin lesen ist erlaubt, oder?“
Und hab angefangen darin zu lesen. (Leider nicht laut gelesen, dass wäre richtig cool gewesen)
Aber immerhin, er lies mich daraufhin (in Ruhe) lesen. Ich glaube, es war so eine Hamburg geht spazieren und meditieren-Aktion der Hamburger Querdenker 🩷 lang ist es her…
Moin,
Vielen Dank für Deinen wertvollen Kommentar.
In der Tat wird zu viel gesprochen: über irrelevantes Zeug. Das ist ja die Essenz dieses Beitrags: wir sprechen zu viel über die falschen Themen. Danke für Deine Unterstützung.
Wenn Du Sich engagieren willst, findest bei Der Basis sicherlich viele Möglichkeiten. I. Forum gibt es wichtige Themen. Zur Vernetzung mit anderen gibt es gute Chancen. Die Wieder-Erlangung der demokratischen Willensbildung erfordert viel Engagement.
Herzliche Grüße
Heinrich
„Worüber wir auch mal sprechen sollten“
Hallo? – Gesprochen wird jede Menge. Rauf und runter, runter und rauf.
Was es braucht ist die Möglichkeit sich zu vernetzen und die Demokratie wieder zum Laufen zu bringen. Habt ihr eine Plattform um organisiert aus dem Reden ins Tun zu kommen? – Wenn ja wo finde ich die?
Bezugnehmend auf Artikel 146 GG „Dieses Grundgesetz, das nach Vollendung der Einheit und Freiheit Deutschlands für das gesamte deutsche Volk gilt…“ lässt sich vielleicht auch in Frage stellen, ob das Grundgesetz überhaupt Gültigkeit hat und damit legitimieren dann auch die massiven Grundrechtsbrüche der vergangen Jahre.
Worauf ich hinaus will, ist der Wortlaut „…und Freiheit Deutschlands“.
Ist Deutschland ein freier und vollumfänglich souveräner Staat? Können wir frei entscheiden von wem wir unsere Energie beziehen und Pipelines auf dem Meeresgrund verlegen um z.B. günstig Gas zu beziehen. Können wir frei darüber entscheiden ob ausländische Truppen auf unserer Staatsgebiet stationiert sind und welche Rechte und Privilegien diese Truppen auf unserem Territorium haben? Können wir frei entscheiden wie wir uns wirtschaftlich entwickeln und ausrichten möchten?
Seit Jahren wird darüber gestritten, ob das Grundgesetz überhaupt Verfassungsrang hat. Im Jahr 1949 verabschiedet – soweit ich richtig informiert bin, vor Gründung des Bundesrepublik Deutschland – stellte es ein Provisorium dar. So sagt Artikel 146 GG auch:
„Dieses Grundgesetz, das nach Vollendung der Einheit und Freiheit Deutschlands für das gesamte deutsche Volk gilt, verliert seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist.“
Ließt man den Artikel unvoreingenommen, muss also das deutsche Volk über eine Verfassung beschließen. Grundsätzlich dürfte dies auch durch eine andere Bestimmung zu fordern sein. Artikel 20 Abs. 2 GG sagt:
„Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen … ausgeübt.“
Volksbegehren sind zwar auf Länder- und Kommunalebene möglich, nicht aber auf Bundesebene. Damit stellt sich die Frage, ob der Ausschluss von Abstimmungen auf Bundesebene nicht im direkten Widerspruch zu den Bestimmungen des Grundgesetzes steht.
Bei Neukonzeptionierung einer Verfassung ist auch zu prüfen, ob die aus dem 19. Jahrhundert stammende Konzeption des Verhältnisses zwischen Staat und Kirchen überarbeitungsbedürftig ist. Das Grundgesetz enthält selbst keine eigenen Vorschriften, sondern verweist in Artikel 140 GG nur auf die Artikel 136 bis 139 und 141 der Weimarer Reichsverfassung aus dem Jahr 1919.
Wahrscheinlich muss man auch andere Bereiche des Grundgesetzes einer Prüfung unterziehen. Nach den Erlebnissen der letzten Jahre ist Artikel 19 GG besonders zu beachten, der eine Einschränkung der Grundrechte per Gesetz durchaus zulässt. Davon wurde dann ja auch ausgiebig Gebrauch gemacht.