Kleine Parteien sind häufig Parteien, die eine politische Heimat für Minderheiten oder besondere Interessengruppen darstellen. Manche der kleineren Parteien – wie beispielsweise dieBasis – stehen dem bestehenden politischen System sehr kritisch gegenüber. dieBASIS strebt ein System an, in dem die Bürger an wichtigen politischen Entscheidungen im Rahmen von Volksabstimmungen beteiligt werden. Das System der Unterstützerunterschriften macht es für kleine Parteien außerordentlich schwierig, überhaupt an Wahlen teilzunehmen. Wie immer fragt man sich:
Zufall oder Absicht?
Bei der Bundestagswahl, der Landtagswahl und bei der Europawahl müssen manche Wahlvorschläge von einer festgelegten Anzahl von Wahlberechtigten unterschrieben werden, sprich kleinere Parteien müssen Unterstützerunterschriften sammeln. Es wird einfach davon ausgegangen, dass die etablierten Parteien eine ausreichende Anhängerschaft unter den Wahlberechtigten haben. Deshalb müssen sie keine Unterstützungsunterschriften vorlegen. Die Bundeswahlleiterin begründet dies Erfordernis wie folgt: „Bei den etablierten Parteien kann von einer ausreichenden Anhängerschaft unter den Wahlberechtigten ausgegangen werden. Sie müssen deshalb keine Unterstützungsunterschriften vorlegen.“
Schaut man sich die Einzelheiten des Prozedere an, erkennt man die Vordergründigkeit und leicht durchschaubare Intention des Arguments. Die Hürden werden erst bei näherem Hinschauen offenbar.
Hürde 1: Unterschriftensammlung auf Länderebene
Unterschriften für die Bundestagswahl werden nicht auf Bundes-, sondern auf Länderebene gesammelt. Für eine Landesliste sind die Unterschriften von 0,1% der Wahlberechtigten im Bundesland bei der letzten Bundestagswahl erforderlich, höchstens aber 2.000 Unterschriften. Direktkandidaten benötigen für einen Kreiswahlvorschlag 200 Unterschriften von Wahlberechtigten des Wahlkreises.
Das Berechnungsschema führt zu folgendem Ergebnis: Für die Bundestagswahl 2025 muss dieBasis in Nordrhein-Westfalen mit rund 13 Millionen Wahlberechtigten 2.000 Unterschriften sammeln, während Hamburg mit rund 1,3 Wahlberechtigten 1.299 Unterschriften sammeln muss. Ein Übertrag von Stimmen von einem auf ein anderes Land erfolgt nicht. Das kann dazu führen, dass dieBasis in kleineren Bundesländern die notwendigen Stimmen nicht wird sammeln können und somit in diesen Bundesländern nicht zur Bundestagswahl zugelassen wird.
Es stellt sich die Frage, weshalb ein Ausschluss auf Länderebene stattfindet, selbst wenn auf Bundesebene die geforderte Gesamtzahl an Unterschriften gesammelt werden kann.
Hürde 2: Formalien der Sammlung
Das Prozedere ist vierstufig, formal umständlich und antiquiert. Formblätter werden bei Landeslisten vom Landeswahlleiter und bei Kreiswahlvorschlägen (für Direktkandidaten) vom Kreiswahlleiter ausgestellt. Die Unterstützerunterschrift ist persönlich und handschriftlich auf einem Formblatt zu leisten. Alle erforderlichen Angaben müssen auf dem Formblatt persönlich und handschriftlich einzutragen werden. Im Anschluss daran sind die Bescheinigungen bei der Gemeindebehörde, die den Unterstützer im Wahlverzeichnis führt, nachzuweisen. Danach sind die abgestempelten Formblätter beim zuständigen Wahlleiter einzureichen.
Dieses umständliche und aufwendige Verfahren macht deutlich, wieso sich kleine Parteien so schwer mit den Unterstützerunterschriften tun. Viele Dinge können heute Bürger mit den Behörden auf elektronischem Weg direkt regeln.
Es stellt sich die Frage, weshalb Unterstützerunterschriften nicht auf gesicherten elektronischen Wegen gesammelt werden.
Hürde 3: Verfügbare Zeit für die Unterschriftsammlung
Die Unterschriften müssen spätestens bis zum 69. Tag vor einer Wahl abgegeben werden. Sofern die Bundestagswahl tatsächlich am 23. Februar 2025 stattfinden wird, wäre dieses Datum der 16. Dezember 2024; also der Tag, an dem der Kanzler Olaf Scholz die Vertrauensfrage im Bundestag stellen will! Es ist nun im Gespräch, die Frist für die Abgabe der Unterschriften bis zum 20. Januar 2025 zu verlängern. Wenn man sich dann noch überlegt, dass auch noch die Weihnachtszeit in diese Periode fällt, wird der Zeitraum extrem verkürzt.
Hinzu kommt in Hamburg, dass am 2. März 2025 die Bürgerschaftswahl stattfinden soll. Hierfür muss dieBasis für die Landesliste weitere 1.000 Stimmen sammeln. Das Verfahren ist genauso umständlich, aufwendig und antiquiert wie das oben beschriebene.
Es stellt sich die Frage, weshalb bei dieser Sachlage die Mindestzahl der zu sammelnden Unterschriften nicht deutlich herabgesetzt wird. Es sind jedoch keine Zeichen erkennbar, dass die im Bundestag vertretenen Parteien über einen solchen Schritt nachdenken.
Fazit
Es ist überdeutlich, dass die etablierten Parteien keinerlei Interesse haben, sich dem politischen Diskurs mit systemkritischen Parteien zu stellen. Die Vereinfachung der Unterschriftensammlung wäre nämlich einfach zu bewerkstelligen. Hierzu besteht aber offensichtlich kein politischer Wille. So sagten Vorstandsmitglieder der dieBasis:
Es ist zutiefst undemokratisch, wie wir als kleine Partei aus dem politischen Wettbewerb herausgehalten werden sollen.
Autor: Peter Scheller